Mythos oder Fakt: Soja für Männer bedenklich?
Was die Wissenschaft sagt und warum Soja bei bestimmten Männer-Erkrankungen tatsächlich helfen kann.
Man kennt Soja für Frauen in den Wechseljahren. Bei Männern wird dagegen immer wieder heftig diskutiert, ob sie ohne Bedenken Soja essen können – teilweise liest man sogar Horrorgeschichten über Unfruchtbarkeit und wachsende Brüste.
Verantwortlich dafür werden die enthaltenen Isoflavone gemacht. Ihnen wird eine Wirkung zugeschrieben, die ähnlich mit dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ist. Deshalb setzen viele Menschen Isoflavone automatisch mit Frauenhormonen gleich. Doch stimmt das wirklich? Ist Soja für Männer schädlich und sind Isoflavone natürliche Hormone?
Keine Angst vor Unfruchtbarkeit und Verweiblichung
In der Vergangenheit gab es eine Beobachtungsstudie mit weniger erfreulichen Ergebnissen. Forscher stellten fest: Je mehr Soja die männlichen Teilnehmer aßen, desto geringer war die Anzahl an Spermien. Diese Studie wird meist zitiert, wenn es um die angeblich schädliche Wirkung geht.
Es gibt aber keine Beweise dafür, dass die Zeugungsfähigkeit abnahm oder die Männer einen veränderten Hormonspiegel hatten. Die Studie zeigt lediglich den Zusammenhang und liefert keine Erklärung zur Ursache. Streng genommen könnte es auch einen ganz anderen Grund geben, warum die Männer weniger Spermien hatten – denn es gibt viele Einflussfaktoren, die die Forscher nicht alle berücksichtigt haben. In drei anderen Studien blieb die Spermienzahl unverändert.
Neben Rauchen, Drogen und Alkohol gibt es auch andere Einflüsse auf die Spermienzahl. Dazu zählen Pestizide, Schwermetalle und möglicherweise auch Handystrahlen – und nicht zuletzt hat das Körpergewicht Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Starkes Übergewicht ist einer der häufigsten Gründe für unerfüllten Kinderwunsch bei Männern.
Würde es stimmen, dass Soja für Männer schädlich ist, müssten Asiaten grundsätzlich verweiblicht oder sogar unfruchtbar sein. In asiatischen Ländern werden viel Soja und daraus hergestellte Produkte gegessen: im Schnitt 40 Milligramm Isoflavone täglich.
Forscher und auch offizielle Behörden sind sich einig: Männer können ohne Angst um ihre Fruchtbarkeit Sojaprodukte essen. Eine Studienübersicht (Review-Studie) und eine Studienauswertung (Metaanalyse) untermauern das:
Soja-Isoflavone sind keine weiblichen Hormone!
Isoflavone werden oft als „Pflanzenhormone“ bezeichnet – streng genommen sind sie aber keine Hormone. Isoflavone sind lediglich ähnlich aufgebaut wie das Hormon Östrogen. Sie können deshalb an dessen Andockstellen (Rezeptoren) anhaften. Dort setzen sie entweder Regulationsvorgänge in Gang (östrogenähnliche Wirkung) oder sie blockieren die Andockstellen, sodass keine körpereigenen Östrogene mehr binden.
Das bedeutet: Einerseits können Isoflavone die Wirkung von Östrogenen nachahmen – in einer stark abgeschwächten Form. Andererseits können sie aber auch die Wirkung unterdrücken. Die Art der Wirkung unterscheidet sich je nach Gewebe im Körper.
Östrogene sind zwar die weiblichen Geschlechtshormone, aber auch bei Männern befinden sie sich im Blut – nur in einem anderen Verhältnis. Bei ihnen überwiegt das männliche Geschlechtshormon Testosteron. Durch die regulierende Wirkung können Isoflavone möglicherweise sogar das hormonelle Gleichgewicht bei Männern unterstützen.
Prostatavergrößerung: Isoflavone stoppen vermutlich die Wucherung
Jeder zweite Mann ist ab 60 Jahren von einer Vergrößerung der Prostata betroffen. Diese ist zwar meist gutartig, kann aber zu Problemen beim Wasserlassen führen. Häufige Toilettenbesuche, Inkontinenz oder Potenzprobleme sind auch möglich.
Die Ursache einer Prostatavergrößerung ist unter anderem ein bestimmtes Hormon – das Dihydrotestosteron (DHT). Dies ist die aktive Form von Testosteron und regt das Wachstum der Prostata an. Isoflavone hemmen wahrscheinlich die Bildung von DHT und könnten so die Wucherung der Prostata stoppen. Erste Studien am Menschen liegen bereits vor: Durch die Einnahme von 40 Milligramm Soja-Isoflavonen täglich besserten sich zum Beispiel Probleme beim Wasserlassen. Verglichen wurde dies mit einem Scheinmedikament (Placebo).
Geringeres Risiko für Prostatakrebs durch Soja
Prostatakrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten weltweit. Männer aus Asien haben allerdings deutlich seltener Prostatakrebs als zum Beispiel Männer aus Europa. Der Grund könnte der Verzehr von Soja sein: ein hoher Verzehr steht mit einem um ein Drittel geringeren Krebsrisiko in Verbindung.
Isoflavone könnten aufgrund ihrer hormonähnlichen Wirkung Krebszellen in der Prostata zerstören. Es kommt immer wieder vor, dass Zellen entarten und zu Krebszellen werden. Diese Zellen werden aber vom Immunsystem erkannt und bekämpft. Normalerweise entsteht dann kein Krebs. Soja-Isoflavone könnten das Immunsystem also dabei unterstützen, die entarteten Zellen zu zerstören.
Ob sich Soja-Isoflavone jedoch bei bestehendem Prostatakrebs auch positiv auswirken, muss noch genauer untersucht werden.
Fazit: Soja ist auch für Männer gut
Gesunde Männer brauchen in der Tat keine Soja-Präparate. Soja ist aber weder schädlich, noch werden Männer durch Soja plötzlich weiblicher oder zeugungsunfähig. Die Angst ist unbegründet. Pro Tag kann man bedenkenlos zum Beispiel eine Portion Tofu (100 Gramm) essen. Eine sojareiche Ernährung könnte sogar vor Prostatakrebs schützen.
Im höheren Alter werden Soja-Isoflavone im Rahmen der Mikronährstoffmedizin auch bei Männern ganz gezielt eingesetzt: die Pflanzenstoffe können Beschwerden beim Wasserlassen durch eine Prostatavergrößerung verringern. Dann sind Präparate mit Soja-Extrakt sinnvoll, denn sie lassen sich exakt dosieren. Bei guten Präparaten ist immer der Gehalt an Isoflavonen angegeben. Meist ist zudem eine Kombination mit anderen Pflanzenstoffen oder Vitaminen empfehlenswert. Welche Stoffe bei einer Prostatavergrößerung nicht fehlen sollten, erfahren Sie hier.
Verzeichnis der Studien und Quellen